Der Frühlingsmorgen

Die holde Frühlingssonne

Der Frühlingsmorgen

Der erste Frühlingsmorgen
Erwachet über mir,
Und findet mich in Sorgen,
Und sieht mich fern von dir.

Sonst fand er mich in Freuden
An deiner trauten Hand,
Mir waren Trennungsleiden
Und Gram noch unbekannt.

Nun treibt mich banges Sehnen
Auf Wiese, Feld und Au:
Dort mischen meine Thränen
Sich mit dem Morgenthau.

Obschon zu künft'gen Früchten
Die Erde Blüthen trägt,
Die Nachtigall Geschichten
Von treuer Liebe schlägt;

Die holde Frühlingssonne
Auf uns hernieder lacht,
Und jedes Herz zur Wonne
Und zum Gebeth erwacht:

Theil' ich doch nicht die Freuden,
Theil' ich die Andacht nicht,
Ich fühle nur die Leiden
Schwer drückendes Gewicht,

Nur, dass ich fern, o Trauter,
Von deinem süssen Kuss,
Der Erde Fest mit lauter
Wehklage feyern muss.

Gabriele Baumbeg

Gabriele Bacsányi (geborene von Baumberg (1785 – 1789), österreichische Dichterin, Schriftstellerin

Frühlingsgedanken I.

Fort trieb mich’s an den Busen der Natur

Frühlingsgedanken

I.
 Fort trieb mich's an den Busen der Natur
Aus meiner Zelle, d'rin ich lang verschlossen,
Und staunend sah mein Auge Wald und Flur
Von Sonnenstrahlen goldig übergossen.

Es sprach das Licht: O sag! was trauerst du?
Kann meine Macht dein Dunkel nicht versüßen?
Und liebvoll säuselte die Luft mir zu:
Ich will die Thräne dir vom Auge küssen!

Der rasche Strom sang mir ein brausend Lied:
Des Lebens Hast magst du in meiner sehen!
Und als die Sonne fern von hinnen schied,
Sprach tröstend sie von Sterben und Vergehen!  -

Betty  Paoli

Barbara Elisabeth Babette Glück (1814-1894), österreichische Dichterin, Übersetzerin, Journalistin, Schriftstellerin, Publizistin, Sprachlehrerin, Erzieherin,Novellistin. Pseudonyme: Barbara Grund, Betti Paoli, Branitz.

Frühe Sonne, frühe Sonne

Deine wundersel’gen Augen

Frühe Sonne, frühe Sonne,
Ach, wo bist du hingefunden!
All des Tages Jugendwonne
Ist im Morgenrot etrunken.

Deine wundersel'gen Augen,
Inseln aus des Himmels Seen,
Sah ich steigen, untertauchen
In den Morgens erstem Weh'n.

Und es steigt ein Nebelschleier
Übers tiefe, stille Blau;
Eine einsame tiefe Feier
Breitet sich durch Wald und Au'.

ruhig unbewegte Bäume;
Kein Gesang, kein Blattgeräusch!
Spinnet ihr die nächt'gen Träume
Wieder an, ihr Blumen keusch?

O Bolgna, dein Zinnen,
Die gelacht im Sonnenstrahl,
Seh`ich bösen Schmuck gewinnen:
Schwarze Flaggen überall!


Clemens von Bretano

Clemens Wenzeslaus Bretano (1778 – 1842), deutscher Schriftsteller