Und es mir einst , an Theokrit

zu denken, die von jenen süßen Jahren

UND es mir einst , an Theokrit
zu denken, die von jenen süßen Jahren
gesungen hat und sie sie gütig waren
und gebend und geneigt bei jedem Schritt:

und wie ich saß, antikischem Gedicht
nachsinnend, sah ich durch mein Weinen leise
die süßen Jahre, wie sie sich im Kreise
aufstellen, traurig, diese von Verzicht

lichtlosen Jahre: meine Jahre. Da
stand plötzlich jemand hinter mir und riß
aus diesem Weinen an meinem Haar.

Und eine Stimme rief, die furchtbar war:
'Rate, wer hält dich so?' - 'Der Tod gewiß.'
- 'Die Liebe' - klang es wieder, sanft und nach.

Elizabeth Barrett-Browning

Elizabeth Barrett-Browning, geborene Elizabeth Barrett Moulton-Barrett (1806 – 1861), englische Dichterin, Schriftstellerin

Safe in their Alabaster Chambers

Grand go the Years

Safe in their Alabaster Chambers -
Untouched by Morning -
and untouched by noon -
Sleep the meek members of the Resurrection,
Rafter of Satin and Roof of Stone -

Grand go the Years,
In the Crescent above them -
Worlds scoop their Arcs -
and Firmaments - row -
Diadems - drop -
And Doges surrender -
Soundless as Dots,
On a Disk of Snow.

Emily Dickinson (1830 – 1886) US-amerikanische Dichterin

Widmung

Ist die welt eurer hand auch an durft reich

Widmung

Das meer gibt die muscheln der düne ·
Das land gibt die wasser dem meer –
Viele sinds · doch ich gebe kühne
Gesänge als erstlinge her ·
Der wind nehme grünblatt und weissblatt 

Ohne früchte geschleuderte schar ·
Nehme weinblatt und rosblatt und geissblatt
Losflatternd vom haar.

Die nacht weht sie um mich in herden ·
Der tag treibt wie träume sie her.
Die zeit streut wie schnee sie auf erden
Und jagt sie in endloses meer.
Bleiche blätter fruchtlos getötet
Von flüchtigen jahren bedeckt ·
Die mit wein die mit blut angerötet
Die von tränen befleckt –

Die im staub mancher jahre verwittert
Die dem kind auf die hand sich gesezt ·
In stillgrünen plätzen vergittert
Gepflückt unter menschen erst jezt –
Auf meeren voll wundern · in schluchten ·
An nördliche felsen gestreift ·
In inseln wo myrten nicht fruchten
Und liebe nicht reift.

Ihr töchter von träumen und märchen
Die das leben noch immer nicht bannt:
Faustina Dolores und Klärchen
Julia und Amaranth!
Werd ich ewig euch suchen müssen
Wenn der schlaf · sei er wahr · sei er schaum ·
Zu mir kommt euch vergeblich zu küssen –
Ihr töchter vom traum?

Sie entwichen wie schlaf · wie auf gräsern
Der tau alter dämmrungen weicht ·
So schwach wie ein schatten auf gläsern ·
Wie ein lied wie ein windzug so leicht.
Nach der ebbe wie seewärts die wogen
Erfüllt mit der finsternis fliehn:
So die singvögel · die mich umflogen
Dem blick sich entziehn.

Toter jahre gesänge die jagen
Auf vernehmlicher worte flug ·
Lose blätter vom strandwind verschlagen ·
Unbändiger vögel zug.
Schon zur schulzeit mir manche gefielen
Die leicht so in ton wie in schwung –
Die jüngsten sind brüder von spielen ·
Die spätsten sind jung.

Ist ein schutz während langsam es schwindet ·
Ist ein ohr für ein fliehendes lied
Wie ein mann es zum harfenklang findet ·
Wie knaben es pfeifen im ried?
Ist ein platz in der welt die ihr gründet ·
Ist ein raum in dem land eurer pracht ·
Wo nicht wechsel mit schmerz sich verbündet
Und tag nicht mit nacht?

Ob vom seewind ihr flügel auch zittert ·
Habt ihr nicht einen raum für sie hier
Von grünenden flüssen umgittert
In lieblicher lüfte revier?
In feldern in turmigen mauern
Schutz bei regen und glühendem schein
Schönen wünschen und mildem bedauern
Und liebe ganz rein?

Im lichtland von märchen und farben –
Die stunden drehn schattenlos um –
Wo das feld voller prächtiger garben
Und tönender blumen gesumm ·
Im wald wo der lenz halb verdüstert
Sein sehnend errötend gesicht ·
Beim quell der für liebende flüstert:
Empfangt ihr sie nicht?
Der sorge singvögel die gurren
Ihr lied wie zum feuer der dunst ·
Der wünsche sturmvögel die murren
Laut-flatternd im winde der brunst ·
In dem windlauf – legt sich sein wüten –
Zu der see fern vom lichte gebraust ·
Geschüttelt im dunkel wie blüten
Nacheinander zerzaust.

Ist die welt eurer hand auch an duft reich
Und lieblicher hehrer erfüllt ·
Süss durch kunst mit dem warm-weichen luft-reich
Ihrer schwebenden schwingen umhüllt:
Lasst sie ein · unbeschwingte · verblasste ·
Alter liebe zu lieb – altem tag
Und empfangt in dem bilder-palaste
Dies reime-gelag.

Ob die menschliche zeit voll verzichten
Die jahre der jugend auch leert ·
Widersteht doch ein ding dem vernichten:
Nie hat wechsel die treue versehrt.
Hoffnung stirbt und ihr tod lässt uns wissen ·
Ihr glück wie ihr leiden entschwand ·
Eh die zeit – allzerreissend – zerrissen
Um freunde das band.

Vergehn auch in ein licht die vielen:
Ist vom himmel zu hoffen erlaubt –
Wenn vor wolken die strahlen auch fielen ·
Ist die welt auch der sonne beraubt:
Sie hat mond und hat schlaf zum bescheide ·
Sinkt bräutlich und frisch – eine fee –
Mit sternen und seewind im kleide
Die nacht auf die see.


 Algermon Charles Swinburne

Algermon Charles Swinburne (1837 – 1909) englischer Dichter, Schriftsteller Dramatiker