sich so ihres Lebens freun

Orchis neigt im Lenz die schlanken Blätter

Orchis neigt im Lenz die schlanken Blätter,
Kassia blüht im Herbste weiß und rein,
Werden, wachsen, ihnen ist es Wonne,
Wenn sie sich so ihres Lebens freun.

Wer denn weiß, wie die Waldbewohner
Winden lauschen, still im Grund, vergnügt?
Gras und Bäumen ist ein Eigenwesen,
Warten nicht, daß sie die Schöne pflückt.

Chang Chiu-Ling (673 – 740), chinesischer Dichter, Politiker. Auch Zhang Jiuling; Chang Tiou-Lin; Dschang Giu Ling; Tchan-Tiou-Lind.

Remember it

Die geschwätzigen Gebirgskaninichen

aus: „Gedichte“, aus: „Gedichte“ von Peter Hammerschlag. P. b. b. Erscheinungsort Wien – Verlagspostamt 1090, Wien.

Remember it

Die geschwätzigen Gebirgskaninichen
Hüpfen um verfallne Kleinkunstbühnchen
Durch Gras das.

Durch die Garderoben summen Bienen ... 
Oder was!

Und von von einem längstverfaulten Brettl
Weht und knattert ein vergilbter Zettel
Morsch und dünn

Kündet längst vergessne Asphalt-Rollen
Deren Mimen nach längst Graz verschollen

Oder Brünn ...

Und ein Ober, die sich totgegähnt hat

Zieht als Geist der sich nicht gewöhnt hat Glasklar hin

Will von von wackeligen Gartentischen

Noch ein letztes Geistertrinkgeld wischen ... Augustin ___


Peter Hammerschlag

Peter Hermann Hammerschlag (1902 – 1942, KZ Ausschwitz), österreichischer Schriftsteller, Dichter, Graphiker, Kabarettist

Das von Peter Hammerschlag im Februar 1949 verfaßte Requiem, erinnert an die Sommerdependance des „Lieben Augustin“ auf der Hohen Warte in Wien.

Moderner Dichterling

Ein glühend heisser Sommertag

Moderner Dichterling

Ein glühend heisser Sommertag.
Der Jüngling im blühenden Grase lag
Im goldenen Sonnenschein.
Da war ein Blühen, ein heisses Weben,
Alles durchglüht von verlangendem Leben,
Von Lebenskraft und Überfluss,
Von üppiger Schönheit und tollem Genuss.
Der Jüngling selber blühend und rot,
Schrieb in sein Buch ein Lied – vom Tod!

Alice Berend

Alice Berend (1875 – 1938), deutsche Schriftstellerin

Der Frühling

Als das Herz mit ihm bekannter Weisen

Der Frühling
(an die Frau von Wrech)

Freundin dessen, der die Welt regieret,
Der an diamantnen Ketten führet
Jene Sonnen über unserm Haupt!
Sieh'! an seiner Ordnung goldnen Seilen
Muß der Frühling neu herunter eilen
Mit dem Schmuck, den ihm der Herbst geraubt.

Siehe! wie beflügelt er gekommen
Und die Trauer der Natur benommen.
Wie er sie schon jugendlich geschmückt,
Mädchen, die den Lenz im Antlitz haben,
Männer, Jünglinge und kleine Knaben
Und der Greiß, der sich am Stabe bückt;

Alles geht, gereizt von den Gerüchen
Junger Veilchen, die so niedrig kriechen
Und doch edler, als die Tulpen sind!
Und der Hyacinthen ofne Glocken
Duften Balsam, den um seine Locken
Dir entgegen trägt der Frühlingswind.

Blat und Frucht, die in der Knospe lagen
Dringen sich des Schöpfers Lob zu sagen,
Aus der Hülle nun mit Macht hervor.
Wenn die stummen Redner prächtig blühen,
Steigt, in regellosen Symphonien
Aus den Zweigen ein Gesang empor!

Ohne Muse, ohne Kunst und Schriften
Singt die Lerche, schwebend in den Lüften,
Unaufhörlich ihr pindarisch Lied
Unter ihr, in früher Tagesstunde,
Singt mit bäurisch vollgenommnem Munde
Auch die Einfalt, welche Furchen zieht!

Lämmer, die noch an den Müttern saugen,
Blöken dem zum Lobe, dessen Augen
Das Insekt im Staube kriechen sehn.Ihn muß so der Wurm im Grase preisen,
Als das Herz mit ihm bekannter Weisen,
Als die Räder, die den Weltbau drehn.

O du Tochter seiner Lieb und Güte,
Der in jedem Lenz die junge Blüthe,
Und die grüne Saat sein Lob beschreibt.
Höher, als der Dichtgeist in dem Fluge
Preisest du mit jedem Athemzuge
Einen Gott, der deine Freude bleibt!

Alles singt ihm. – Seine Nachtigallen
Oft behorchend, will ich Lieder lallen
Voll vom Lobe dessen, der mich schuf;
Bienen, die auf Lindenwipfeln summen,
Und des Fleisses Lehrer, jene Stummen
Im Erdhaufen, werden mir ein Ruf!

Anna Luise Karsch

Anna Luise Karsch, geborene Dürbach (1722 – 1791), deutsche Dichterin, Schriftstellerin

Ich lieg‘ im Grase hingestreckt

Umwogt von grünen Halmen

Ich lieg' im Grase hingestreckt

Ich lieg' im Grase hingestreckt, 
Umwogt von grünen Halmen,
Die Lerche jauchzt zum Himmel auf
Die hellen Morgenpsalmen.

O Lerche, nimm mein leidvoll Herz
Auf deine leichten Flügel,
Und trag' es hoch, und trag' es weit
Wol über Thal und Hügel.

Und halt' es hin dem Sonnenstrahl,
Und halt' es hin den Lüften,
Daß seine Rosen wiederum,
Die welken, blüh'n und düften.

Lehr' mich ein Lied, deß' Klang durchdringt 
Die Wälder und die Haine, 
Ein Lied so fromm, ein Lied so frisch,
So fröhlich wie das deine.

Johann Martin Hutterus

Johann Martin Hutterus (1810 – 1865), deutscher Schriftsteller